The Divided States (VII): Spektakel als Lebensform

Das Kapital bestimmt, wo es langgeht, während alle auf das auch in der US-Politik inszenierte Spektakel starren. Was, wenn die Einschaltquoten irgendwann sinken?
Im Laufe eines Philosophiestudiums sammeln sich genug Aufsätze, Notizen, Exzerpte und in seltenen Glücksfällen eigene Gedanken an, um daraus eine Kladde zur Philosophie zu bauen. Manchem Jüng- und Schwächling des Geistes geriet das Zeug schon derart aus der Kontrolle, dass daraus ein philosophisches Hauptwerk erwuchs.
In Lichtwolf Nr. 26 (S. 42ff.) hast du offen bezweifelt, ob Philosophie im notorisch hastigen Internet möglich ist; ohne jedoch zuvor den praktischen Versuch unternommen zu haben, den „Schwein und Zeit“ darstellt.
Womit eine Philosophie fertigwerden muss: Mit allem, was du siehst und denkst, mit allem, was du dir vorstellen kannst, den Ursachen von alldem, den Prinzipien, denen es folgt, und seinen Möglichkeiten und Notwendigkeiten.
Das Kapital bestimmt, wo es langgeht, während alle auf das auch in der US-Politik inszenierte Spektakel starren. Was, wenn die Einschaltquoten irgendwann sinken?
Die USA sind vernarrt in Illusion und Spektakel, die tauglich von den neofeudalen Herrschaftsverhältnissen ablenken.
Kaum irgendwas bestätigt den Werbespruch der Historikerzunft, wonach die Vergangenheit weder vorbei noch vergangen ist, so sehr wie die bis heute überall spürbaren Folgen jahrhundertelanger Ausbeutung und Diskriminierung.
Die USA haben Genozid, Sklaverei und Bürgerkrieg nie verwunden, sondern auf neurotische Weise unter dem Nationalmythos des „melting pot“ begraben.
Das Wahlsystem der „ältesten Demokratie“ der Welt ist absurd. Entscheidend ist und bleibt das Land, nicht das Volk, worüber die US-Flagge Auskunft gibt: 13 Kolonien, 50 Bundesstaaten.
Die Urgroßeltern des durchschnittlichen US-Wählers wären nicht überrascht, dass die Demokraten 2010 eine universelle Gesundheitsversorgung eingeführt haben. Schockiert aber wären sie, dass der erste schwarze Präsident kein Republikaner war.
Es braucht nicht erst Weimarer Verhältnisse für Weimarer Verhältnisse: Demokraten und Republikaner leben im gleichen Land, aber in unterschiedlichen Welten.
Gute Philosophie ist zeitlos. Das gilt auch für politische Philosophie, die von allen Disziplinen am engsten mit Zeitgeist und Tagesgeschehen verbunden ist.
Was es alles gibt: Senecas Auseinandersetzung mit den Ontologien seiner Zeit empfiehlt sich auch für Grundschüler und Seniorinnen.
Von Seneca ins All und zurück zu Bakunin: Wer arm ist, ist nicht frei, und ginge es manch einem in Leibeigenschaft nicht besser als auf dem freien Arbeitsmarkt?