Man beschwert sich nicht

Es gibt einige Sachen, die macht man nicht als animal scribens. Allen voran beschwert man sich nicht über eigene Angelegenheiten als animal scribens. Wie verbreitet das dennoch ist machst du an der Zahl der Beschwerden fest, die du wegen Rezensionen im Lichtwolf erhältst. Gemessen an der Kürze der Rezis (unter 800 Zeichen) und der Auflage des Lichtwolf kommen ziemlich viele solche Beschwerden. Sie sind durchweg unangenehm und nur in einem einzigen Fall lag das daran, dass die Beschwerde gerechtfertigt war: Klaus Naumann vom Hamburger Institut für Sozialforschung wies dich mutmaßlich zu Recht darauf hin, nicht – wie in der (wenig begeisterten) Besprechung von „Der blinde Spiegel“ in LW47 behauptet – der ehemalige Generalinspekteur gleichen Namens zu sein. Das kommt davon, wenn sich die Leute zu fein für ein griffiges Pseudonym sind! (Wie oft sich der Schriftsteller Georg Klein wohl schon fragen lassen musste, warum er im September 2009 die ganzen Afghanen bombardieren ließ?)

Nein, unangenehm an solchen Beschwerden ist der mit ihnen begangene Verstoß gegen das Comment des animal scribens, beim dem du als Adressat unfreiwillig zum Komplizen gemacht wirst. Noch einmal also: Wer schreibt (irgendwas), sollte sich vorher klar gemacht haben, dass

  • es heutzutage viel leichtere Wege gibt, sich auszudrücken, reich und/oder berühmt oder verachtet und/oder bettelarm zu werden
  • niemand auf ihn oder sie oder seine oder ihre Schreibe wartet
  • das Schreiben kein Vergnügen, sondern Arbeit ist
  • seine oder ihre Schreibe mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit nichts ändern wird
  • diese Arbeit in einem lächerlichen Verhältnis zum Lohn („Erfolg“ materieller, ideeller oder spiritueller Natur) steht.

Wenn sich trotzdem wer beschwert, hat er oder sie sich offenbar nicht gerüstet genug, sondern mit peinlichen Hoffnungen in einen Lebenszeitvertreib begeben, der – auch wenn er die längere Tradition hat – kein Stück sinnvoller ist als Kartoffelsuppe zu machen, Taylor Swift anzuhimmeln oder bekifft Playstation zu spielen.

„Dieser Mythos ist tragisch, weil sein Held bewußt ist. Worin bestünde tatsächlich seine Strafe, wenn ihm bei jedem Schritt die Hoffnung auf Erfolg neue Kraft gäbe?“ (Camus, Mythos des Sisyphos, S. 157)

Unangenehm ist es, wenn sich einer beschwert, von dem du eigentlich nicht einen so allzumenschlichen Schwächeanfall erwartet hättest. Peter Trawny hat sich als Stefan-George-Double und Herausgeber von Heideggers Schwarzen Heften nebst exegetischem Begleitmaterial zum Antisemitismus des Fundamentalontologen einen Namen gemacht; ist „trotzdem“ (wie so viele) in der Wüste geblieben, in die das deutsche Hochschulsystem seinen wissenschaftlichen Nachwuchs zwecks Überleben des Bestfinanzierten schickt (Trawny ist Arbeitersohn.), mitsamt (total im Wortsinn sympathischen) Jobcenter-Erfahrungen; hat sich nach dem ganzen Heideggergewese an eine erste eigenständige Schrift („Technik Kapital Medium – das Universale und die Freiheit“, Matthes & Seitz (immerhin!)) gemacht – und sich gestern auf Facebook ausgiebig darüber beklagt, dass keiner das Buch gescheit rezensiert (der Übersicht wegen in zwei Spalten):

Peter Trawny beschwert sich auf Facebook über mangelnde Resonanz auf sein Buch. Hätte er doch nicht!
Peter Trawny beschwert sich auf Facebook über mangelnde Resonanz auf sein Buch. Hätte er doch nicht!

Klar, es hätte schlimmer kommen können, wenn man das Vorspiel bedenkt: Vor gut einem Jahr standen alle, vom Deutschlandfunk bis zur ZEIT, bei Trawny wegen der Heidegger-Kiste Schlange. Inzwischen ist die Karawane weitergezogen und keinen interessiert es, ob Trawny vielleicht auch noch zu anderen Dingen etwas eigenes zu sagen hätte. Nun fragt er öffentlich nach Erfolg und Wahrnehmung, ob es an ihm, dem Betrieb oder seiner Schreibe liegt. Nee, oh, nee.

Na gut, die Rezension von „Technik Kapital Medium“ im nächsten Lichtwolf wird auch nichts dran ändern. Wie überhaupt alle Schreiberei nichts an irgendwas ändert. Siehe oben.

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