Türkei

Erika Steinbach ist rätselhafterweise immer noch menschenrechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion und ihre Bigotterie damit institutionalisiert. Nun fordert auch sie einen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei nach dem autokratischen Schub, mit dem Erdogan auf den Putschversuch Mitte Juli reagiert. Besonders wurmt sie das „verbrecherische Verhalten“ der Türkei gegenüber der EU in der Flüchtlingsfrage. „Haltet euch zurück, gebt uns die Visafreiheit – oder wir schicken euch wieder Flüchtlinge“, lautet die türkische Außenpolitik, wie es schon zu erwarten war, als erstmals über den Flüchtlingspakt verhandelt worden ist.

Steinbach gehörte zu denen, die im Herbst 2015 munter Überfremdungsängste schürten, während andere Leute anpackten und schutzsuchenden Menschen Hilfe leisteten. Es war diese europaweite rechtspopulistische Hetze, der die EU-Politik hinterherlief und sich daher auf einen Abschottungsdeal mit der Türkei einließ, der ethisch fragwürdig ist (weil es ohne Rücksicht auf das Asylrecht zwischenstaatlichen Menschenhandel kodifiziert) und vollkommen unnötig wäre, würden Politiker nicht auf die Stimmen der „besorgten Bürger“ schielen. Jetzt habt ihr den Salat: Die Hetzer von damals beklagen die politischen Folgen ihrer Hetze, während diejenigen, die stets die europäischen Werte hochhalten, aus Angst vor der Freitaler Bürgerwehr gegenüber dem Abbau von Demokratie und Menschenrechten in der Türkei schweigen.

Um den schäbigen Flüchtlingsdeal wäre es wirklich nicht schade. Danach bliebe aber das Problem, wie mit Erdogans „Zivildiktatur“ umzugehen sei. Omid Nouripour (Grüne) weist zu Recht daraufhin, dass sich ein sozial und ökonomisch eng verflochtener EU-Nachbar wie die Türkei nicht so isolieren lässt wie das ferne Nordkorea.

Nicht nur reaktionäre Deppen unterschreiben Petitionen, die den sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen fordern, und können das starke Argument vorbringen, dass diese mit einem Staat, der die Wiedereinführung der Todesstrafe erwägt, keinen Sinn haben. Aber man sollte auch nicht die 49 Prozent der Türken vergessen, die Erdogan nicht als geliebten Führer verehren. Sie hatten es schon schwer genug, werden es noch schwerer haben und am allerschwersten, wenn sich die EU von ihrem Land abwendet.

Mario Sixtus ist ein nerviger Lautsprecher (und solche braucht es wohl), gab aber nach dem Putsch und Erdogans Reaktion darauf recht klug zu bedenken:

Man kann sich fragen, was die Türkei heute für ein Land wäre, hätten die Konservativen nicht jahrzehntelang deren EU-Integration verhindert.

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