Zum taktischen Repertoire neurechter Machtergreifung gehört, eine Infamie der nächsten hinterherzujagen, um dem politischen Gegner (=jeden mit einem Funken Anstand) sowohl den sorgfältigen Blick aufs Großeganze als auch auf die Details zu nehmen. An der südlichen Grenze der USA wurden wochenlang Migrantenfamilien getrennt, die Kinder in Käfigen gehalten und die Eltern abgeschoben, ohne zu wissen, ob und wann sie sie wiedersehen.
Der opportunistische Windbeutel im Weißen Haus gab den oppositionellen Demokraten die Schuld an dieser Praxis, die dann doch einer hinreichenden Zahl von US-Amerikanern bösartig erschien, sodass der Rückzieher folgte. Trumps Justizminister Jeff Sessions verteidigte sie mit einem Bibelzitat, das auch schon zur Legitimation der Sklaverei diente. Die verantwortliche Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen tat Berichte über die Zustände an der südlichen Grenze als Fake News ab und betonte in beinahe eichmannscher Manier, sie werde sich nicht dafür entschuldigen, ihren Job zu machen.
Putting the Ass back into „Association“
Nielsen hielt ihre Rede auf einer Konferenz der National Sheriffs Association Mitte Juni, wo es neben Hummern und Krokodilen auch einen Jail Training Day gab, wenn man der dazugehörige Website glauben darf, die der Ungläubige findet, der nachgoogelt, ob die Flagge, vor der Nielsen ihr Lob des Gehorsams spricht, nicht doch von Antifa-Spontis heineingeschmuggelt wurde.
Doch tatsächlich hat sich die National Sheriffs Association ein Logo gegeben, in dessen Mitte ein Fascis prangt. Das Rutenbündel, in dem ein Beil steckt, diente im Römischen Reich als Symbol für die staatliche Macht, die Todesstrafe zu verhängen, und wurde zum Namensgeber des Faschismus.
Gewiss, der Slogan „U.S. Sheriffs / Mörder und Faschisten!“ hat mehr Groove, wenn man den ersten Vers durch „Deutsche Polizisten“ ersetzt. Aber weder korrespondiert die Gründlichkeit, mit der man sich hierzulande seit 1945 faschistischer Symbole enthält (ausgenommen die Junge Alternative, deren Logo aus Gründen an das der SA erinnert), zwingend mit einem bombenfesten Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten, noch beweist der Fascis automatisch den faschistischen Geist der USA. Dort nämlich, worauf der Wikipedia-Artikel hinweist, schmücken sich auch andere Institutionen mit diesem Symbol, das etwa in doppelter Ausfertigung die US-Flagge im Kongress flankiert. Die naive Brutalität (oder brutale Naivität) der Kolonialisierung und der Gründungsjahre der USA hat etwas kindliches eben auch darin, sich gedankenlos wie ein Kind an den Symbolen der Großen – in diesem Fall des Römischen Reichs – zu bedienen.
Unzählige „Weitere Verwendungen“ nennt der bereits verlinkte Fascis-Eintrag in der Wikipedia. Das Symbol scheint in seiner Allgegenwart die Unschuld wiedergewonnen zu haben, die ihm von Mussolinis Schlägertruppen zwischen 1922 und 1943 geraubt wurde. Die National Sheriffs‘ Association wurde 1940 gegründet, als der Volksheld und Nazisympathisant Charles Lindbergh (in Philip Roths „Verschwörung gegen Amerika“ der 33. Präsident der faschistischen USA) die Massen unter dem Motto „America first!“ auf die Verteidigung der weißen Rasse gegen den Kommunismus und die Juden einschwor.
1 Gedanke zu „Sheriff = Fascho?“