Der Deutschlandfunk meldet in der Woche nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen, der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther rechne damit, eine neue Große Koalition werde „wohl keine nachhaltige Strategie der Wachstumsvorsorge verfolgen.“ Vielmehr werde „erneut [sic!] die Sozialpolitik die Wirtschaftspolitik dominieren“. Unwidersprochen blieb Hüthers Einschätzung wohl nur, weil er sie gegenüber dem Handelsblatt machte.
Die Wirtschaft liebt Statistiken, weil sich die Politik mit ihnen so leicht davon überzeugen lässt, die ökonomischen Interessen seien objektive Sachzwänge. Die politische Entwicklung von 2008 (zum Ende der vorletzten Großen Koalition) bis 2015 (mitten in der letzten) weg vom Primat des ungebremsten Wirtschaftswachstums hin zu einer sozial gerechten und ökologisch verantwortlichen Bevormundungspolitik ist offensichtlich. Man kann Hüther und seinen Kollegen in den Vorständen nur wünschen, die Sozialpolitik werde nicht länger dergestalt „die Wirtschaftspolitik dominieren“:
Schade, dass die sehr schöne Zeitschrift Katapult so wenig gelesen wird. In Ausgabe Nr. 6 beschreibt Daniel Weissbrodt – mit vielen Diagrammen und Statistiken unterlegt –, wie sich die Besteuerung seit 1965 kontinuierlich zugunsten von Spitzenverdienern entwickelt hat – mit dem segensreichen Trickle-down-Effekt einer gleichfalls von Jahr zu Jahr steigenden sozialen Ungleichheit, die der allerersten Großen Koalition ein nackter Alptraum gewesen wäre.