Du hast die Ostfriesen unterschätzt.
Noch während der morgendlichen Presseauswertung hast du mal wieder nach dem überfälligen Lichtwolf-Artikel in der Nordwestzeitung gegoogelt – und wurdest fündig. Als du den Text stirnrunzelnd überflogen hattest, traf die E-Mail ein, in der du darüber unterrichtet wurdest, der Artikel sei in der heutigen Ausgabe enthalten. Kurz darauf begeisterter Anruf vom catware.net Verlag.
Weil sich die hiesigen Lokalzeitungen keinen eigenen Kulturredakteur leisten können, holen sie sich den Teil von der NWZ aus Oldenburg. Somit dürfte heute praktisch ganz Ostfriesland – im Osten bis nach Varel und im Süden bis nach Oldenburg – über die Existenz des Lichtwolfs informiert worden sein.
Und es war lächerlich: Schon am Vormittag trudelten erste Bestellungen aus dem PLZ-Bereich 26 ein. Als du mittags vom Promi-Dinner (haha) aus dem Imbiss zurückkamst, purzelte gleich der nächste Schlag ins Mailpostfach.
Nach dem Durchhänger der letzten Tage ist das nötige Erfolgserlebnis gekommen. Abends gingst du noch einmal online und schriest lachend „Nu is aber gut!“, als wieder frische Bestellungen ankamen.
Du sitzt hier und feierst mit einer Flasche Côtes du Rhone, weil ein paar Leute einen Lichtwolf bestellt haben. So kann man es nämlich auch sehen, ebenso wie letzte Woche bei der Halbjahresbilanz: Die Lage ist so beschissen, dass Verluste Feierlaune verursachen – weil sie nicht so horrend wie befürchtet ausfallen. Sie ist so beschissen, dass du ein paar Einzelbestellungen in Folge einer ausgetüftelten Pressemeldung und eines halbstündigen Telephonats feierst.
Tja, und schon ist die Euphorie eingeebnet, ehe sie sich zur Selbstzufriedenheit auswachsen kann.
Indes ist die Strategie gut: Wenn jede Woche eine Marketing-Maßnahme solche Erfolge zeitigt, könnt ihr überleben.
Die Vertriebsakquise läuft erwartungsgemäß Scheiße. Von den Studentenwerken trudeln nur Absagen ein – wenn denn überhaupt mal eine kommt und man dich nicht wie eine optische Täuschung ignoriert.
P.S.:
Ganz unterschlagen: Am Nachmittag gehst du zum Rauchen vor die Tür, Trauni kommt mit und rauscht ohne Schleicherei über den Rasen zum Schuppen, dort ein springender Positionswechsel und schon trottet sie mit einem Vogel im Maul zurück. Du hast sie erstmal staunend machen lassen. Als du dann zu ihr gingst, war der Vogel verschwunden: komplett verputzt. Ein neurotisches Raubtier ist halt immer noch ein Raubtier! (Vielleicht solltest du dir das auch mal wieder zu Herzen nehmen…)