Die Verbindung von Hiersein und Dasein

Es gibt Daseiendes und Hierseiendes und nichts anderes. Was unterscheidet das Daseiende vom Hierseienden? Was also ist das Dasein des Daseienden und was das Hiersein des Hierseienden?
Hiersein ist unmittelbare Nähe zu dir im Hier und Jetzt, welches die räumliche und zeitliche Gegenwart ist. Hiersein ist die Eigenschaft, anwesend zu sein und mit Hierseiendem Umgang zu pflegen. Wenn sich etwas vor deinen Augen abspielt, pflegt es durch deine Körperlichkeit als Hierseiendes mit dir Umgang in Form von sinnlicher Wahrnehmung. Auf gleiche Weise bist du durch deine Körperlichkeit Hierseiendes, wenn du deine Hand betrachtest, Bauchschmerzen hast oder an dir herumspielst.
Dasein ist Ferne oder aber vermittelte Nähe. Dasein ist die Eigenschaft, abwesend zu sein und selbst mit keinem Hierseienden Umgang zu pflegen.

Wenn du wach bist, ist das, was dir im Traume erscheint, Daseiendes, und dein Körper ist Hierseiendes und ebenso alles, was ihn umgibt. Wenn du schläfst, werden dein Körper und seine Welt Daseiendes, und alles, was dir im Traume erscheint, ist Hierseiendes.
Der Unterschied zwischen Hiersein und Dasein hängt einzig von dir ab. Was wäre das Hierseiende ohne dich? Auf jeden Fall kein Hierseiendes, denn sein Hiersein hängt vom Hiersein deines Körpers ab, der es als anwesend wahrnimmt. Auf gleiche Weise kann es ohne dich nicht zum Daseienden werden, denn Daseiendes ist nur durch dich und deinen Umgang damit überhaupt Seiendes.

Was aber bist du, wenn dir dein Körper mal Hierseiendes in Wachheit, mal Daseiendes im Traume ist? Die Sinne sind als Teil deines Körpers stets Hierseiendes, was sie im Umgang wahrnehmen ist ebenfalls Hierseiendes, das jedoch schon Momente später zu Daseiendem wird, wenn das Hierseiende aus dem Hier und Jetzt verschwindet und du dich daran erinnerst.
In dir verbinden sich Hiersein und Dasein. Die Sinne sind deine hierseiende Verbindung zum Hier und Jetzt, auf das du jedoch nicht beschränkt bist, weil dir Daseiendes zugänglich ist.

Im Denken, Erinnern und Vorstellen überschreitest du – nicht nur im Traume – das Hiersein zum Dasein hin. Das Daseiende, mit dem du dabei Umgang pflegst, bleibt jedoch Daseiendes. Es scheint nur Hierseiendes zu werden, weil es mit den Sinnen Umgang pflegt, die du gewohnt bist, für Hierseiendes zu halten.
Doch ebenso wie im Traume dein Körper und seine Sinne Daseiendes werden, sind sie auch im Denken und Vorstellen nicht Hierseiendes, sondern Daseiendes: Die Sinne sind Hierseiendes, doch „die Sinne“ sind Daseiendes.

Alles, was du denken oder dir vorstellen kannst, ist Daseiendes. Ohne dich ist kein Dasein möglich, aber auch kein Hiersein.
Wie sich in dir Dasein und Hiersein verbindet, zeigt am besten die Sprache: Sie ist Daseiendes; das Gesprochene oder Geschriebene jedoch ist Hierseiendes und wird als solches von dir nach Maßgabe des Daseienden ins Hier gebracht. Dies gilt auch dann, wenn der Sprecher der einziger Zuhörer ist, und der Schreiber der einzige Leser.

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