Sophie kommt zu Besuch

Da das Traunchen die Tage draußen im Sonnenschein verbringt, bleibt der Krawall nicht aus, wenn Sophie Freifrau von Capri auf ihrem Rundgang vorbeikommt und Trauni beim Sonnenbad zwischen dem Gemüse entdeckt. Dann knurrt und faucht Trauni erstmal eine Viertelstunde lang, und zwar flach an den Boden gepresst wie eine Flunder. Die Freifrau ficht das nicht an, sie nähert sich immer weiter, wenn auch in Zeitlupe, und schließlich beginnt unter großem Geschrei die Keilerei mitten im Beet, das anschließend aussieht, als seien King Kong und Godzilla aufeinandergetroffen. Neulich erst hast du die beiden Katzentiere ermahnt, sie seien schlimmer als ein Hagelschaden.

Hier mal ein Video davon, wie Sophie zu Besuch kommt und sich kein bisschen davon irritieren lässt, dass Trauni alles andere als begeistert davon ist:

Sophie hinterm Fliegengitter, hingefletzt, als wohne sie hier (typisch Adel), und mit dem Kopf aufs Schafott gelehnt als Verhöhnung der Ahnen, die der Französischen Revolution zum Opfer fielen.
Sophie hinterm Fliegengitter, hingefletzt, als wohne sie hier (typisch Adel), und mit dem Kopf aufs Schafott gelehnt als Verhöhnung der Ahnen, die der Französischen Revolution zum Opfer fielen.

Was mit der Sophie los ist, begreifst du noch immer nicht. Sie kommt ständig angelatscht und geht scheinbar ganz unbefangen auf Trauni zu. Obwohl das Traunchen sich an den Boden quetscht und mit angelegten Ohren wie eine Sirene lärmt! Die Freifrau von Capri hat zwar einen dicken Schwanz dabei, glotzt aber ansonsten so adelig-locker-cool aus der Wäsche, dass du dich manchmal fragst, ob sie taub, blind oder sonstwie gestört ist.

 


Sophie war auch kurzzeitig bei den Zeugen Jehovas und klopfte an, um mit Trauni über Gott zu sprechen, die ihr gleich mal eine anglikanische Standpauke hielt.

 

Langsam wird es für Trauni und dich zur Gewohnheit, abends ein wenig auf der Straße umherzugehen. Du hast eine Zigarette dabei und schaust auf das wogende Roggenfeld im Abendrot, Trauni trottet neben dir einher wie ein Hund. Sie ist sichtlich froh drum, denn offenbar traut sie sich nur in deiner Begleitung so „weit weg“ und kann dann nach Herzenslust schnüffeln, inspizieren und gucken.
Kurz vor der Vollendung von Lichtwolf Nr. 26 hast du mal versucht, sie zu einem Gang auf die Deichkrone zu bewegen. Am ersten Abend folgte sie dir noch auf den Deich, wo sie vom Schafsgeruch so gebannt war, dass sie dir nicht weiter nachlief. Doch bereits am nächsten Abend trottete sie dir großäugig nach. Und dann hocktet ihr zwei dort oben auf dem Deich, zwei neurotische Raubtiere: du den Blick auf den menschenleeren Horizont und sie konnte sich gar nicht an den grasenden Salzwiesenkühen auf der anderen Seite sattsehen.

Vielleicht ist Trauni doch schon steinalt: Kürzlich kam Nachbarkatze Charly mal wieder zu Besuch. Die müsste inzwischen auch 13 oder 14 Jahre alt sein und hat eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Trauni, was Körperbau und Größe angeht. Traunis Hängebauch hieße demnach, dass sie wirklich schon mal geworfen hat. Und wer weiß: Womöglich ist die kleine schwarze Katze, die hier nur selten auftaucht, nicht Traunis jüngere Schwester, sondern eine ihrer Töchter. Vielleicht stammt gar die Freifrau von Trauni ab (das wär’s ja!), denn nun, da du auch mit ihr näheren Umgang hast, erweist sie sich gar nicht mehr als die Riesenkatze, für die du Sophie immer hieltest. Im Gegenteil: Ihr Maunzen ist piepsig bis wimmernd, aber dafür kann sie tödlich zubeißen. Einmal hat sie dir vor Wohlgefallen in den Finger gebissen, dass man meinte, Knochen splittern zu hören und Blut spritzen zu sehen.
Auf dem Land geht’s halt generell ziemlich Fanta zu.

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